Glossar

Gegenüberstellung von verschiedenen Schraubenanzugsverfahren

Die Schraube ist das am häufigsten und vielfältigsten eingesetzte Maschinen- und Verbindungselement. Schraubverbindungen kommen als nicht vorgespannte und als vorgespannte Verbindungen in der Mechanik vor.

Bei vorgespannten Verbindungen sind die Schrauben, vor dem Angreifen einer Betriebskraft, durch eine nach dem Festdrehen der Mutter hervorgerufene Vorspannkraft bereits belastet, d. h. vorgespannt. Bei allen Verbindungen wird die Vorspannkraft entsprechend der zu erwartenden Belastung berechnet. Diese Vorspannkraft gilt es, unter Berücksichtigung von Randbedingungen wie z. B. Wirtschaftlichkeit, Einhaltung von UVV–Vorschriften oder Ausnutzung von Ein- und Ausbauräumen, möglichst präzise in die Schraubverbindung einzubringen.

Da jedoch diese Kraft beim Einbringen in die Verbindung nur mit erheblichem Aufwand zu messen ist, bedient man sich in der Praxis bei der Vorspannkrafteinbringung mit der Messung von einfacher zu messenden Hilfsgrößen wie z. B. Drehmoment, Drehwinkel, Druck oder Längung der Schraube. Das dann bei der Herstellung der Verbindung zum Einsatz kommende Verfahren muss bei der Berechnung der Montagevorspannkraft durch einen Anzugsfaktor berücksichtigt werden. (siehe Diagramm 1)

Am bekanntesten sind thermische, drehende und ziehende Verfahren. Diese verschiedenen Schraubenanzugsverfahren sind, je nach Anforderung an die herzustellende Verbindung, unter Beachtung der Randbedingungen mehr oder weniger sinnvoll.

1. Thermische Verfahren beruhen auf der Ausdehnung der Schraube bei Erwärmung. Dieses Verfahren ist zeit- und energieaufwendig und wird bei Neukonstruktionen nur noch selten eingesetzt. Das Ergebnis der Verspannung ist erst nach Erkalten der Schraube über die verbleibende Restdehnung zu ermitteln.

2. Drehende Verfahren sind die am bekanntesten und häufigsten eingesetzten Verfahren. Über die Gewindesteigung wird die in Achsrichtung wirkende Kraft durch Drehen der Mutter eingebracht. Entscheidend für die Größe der Vorspannkraft sind hierbei die Gewinde- sowie die Kopfreibung. (siehe Diagramm 2) Diese Reibungseinflüsse lassen sich trotz verschiedener Oberflächenbehandlungen der Schraubpartner oder diverser Schmiermittel nicht eliminieren. Je nach Schraubengeometrie gehen mehr als 90% des aufgebrachten Drehmomentes in Reibung über und verursachen, je nach Schmierung, Torsion oder Fressen. Nur ein Rest der eingebrachten Energie geht als Vorspannkraft in die Verbindung. Anteile der Torsion federn zurück und gehen als Vorspannkraft verloren. Verbleibt ein Rest der Torsion, wird das Gesamtbelastungsniveau der Schraube um diesen Anteil vermindert. Diese Verfahren sind entsprechend des verwendeten Werkzeuges relativ genau. Ausnahme hierzu ist das Drehwinkelverfahren, das eine hohe Genauigkeit besitzt aber andere Nachteile mit sich bringt.

3. Ziehende Verfahren arbeiten unabhängig von Reibungseinflüssen. Über spezielle Hydraulikzylinder deren Druckfläche bekannt ist, wird die Schraube auf die Vorspannkraft gezogen. Bei Erreichen des, der Vorspannkraft äquivalenten Druckes, wird die Druckbeaufschlagung beendet und die Mutter reibungsfrei bis zur Anlage beigedreht. Dabei werden die Schraube und auch die Bauteile schonend verspannt. Nachteilig sind eventuelle Setzkraftverluste durch einen geänderten Kraftfluß während der Druckbeaufschlagung und nach dem Beidrehen der Mutter. Dies kann jedoch durch geeignete Maßnahmen weitestgehend eliminiert werden.

4. Kombinierte Verfahren sind Verfahren bei denen man versucht, die Nachteile des Ursprungverfahrens oder die eigentliche Mutter zu ersetzen. Die eigentliche Sechskant– oder Rundmutter wird durch ein neues Maschinenelement ersetzt. Beim ziehenden Verfahren spricht man von Hydraulikmuttern. Hierbei ist gegenüber der Schraubenspannvorrichtung kein zusätzlicher Gewindeüberstand erforderlich. Die Funktion ist analog der hydraulischen Werkzeuge. Beim drehenden Verfahren sind Rundmuttern bekannt, die in Achsrichtung der Schraube eine Vielzahl von kleineren Schrauben besitzt. Diese Schrauben werden in einer speziellen Anzugsreihenfolge drehend vorgespannt. Die eigentlich vorzuspannende Schraube wird entsprechend dem ziehenden Verfahren behandelt. Die Problematik der Reibungseinflüsse ist auf die kleineren Schrauben verlagert.

Die nachfolgenden Tabellen stellen verschiedene Aspekte der Bewertung der Verfahren dar und sollen als Entscheidungshilfe dienen. Eine Beurteilung jedes einzelnen Verschraubungsfalles ist insbesondere unter Berücksichtigung der zu verspannenden Bauteile unbedingt erforderlich.

Übersichtstabelle technische Anforderungen
003-tabelle

 

Übersichtstabelle wirtschaftliche Anforderungen
004-tabelle

 

Auswahltabelle der Verfahren
005-tabelle 001-diagramm 002-diagramm