Glossar

Schraubenauslegung

Damit Schraubenverbindungen sicher sind, müssen die auftretenden Kräfte und Verformungen in den Schrauben und den zu verschraubenden Teilen untersucht werden.

Die Kraft-Einleitung beginnt mit dem Beidrehen der Mutter. Die zu verbindenden Teile werden gestaucht und gleichzeitig wird die Schraube gedehnt und damit vorgespannt. Die axiale Vorspannkraft liefert in der Verbindung eine Klemmkraft die wir als Fkl bezeichnen.

Nach dem Hookeschen Gesetz ist die elastische Längenänderung in der Schraube mit dem Querschnitt A:
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Die elastische Nachgiebigkeit ist das Verhältnis aus Längenänderung Bildschirmfoto 2013-12-18 um 10.21.14 und Kraft F.

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Die Schrauben werden in mehrere Einzelelemente aufgeteilt, abhängig vom Querschnitt Ai und der Länge li. Die Nachgiebigkeit der gesamten Schraube setzt sich aus der Addition der Nachgiebigkeiten der einzelnen Elemente zusammen:

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Die spez. Nachgiebigkeit jeder einzelnen Schraube muss dabei bestimmt werden, um eine exakte Verspannung gewährleisten zu können. Hier ist schwierig festzustellen, welche Bereiche an der Verformung teilgenommen haben. Es hängt von den Durchmessern der verschraubten Teile DA und den Kopfauflagedurchmessern dw ab (siehe Abb. 3-2).
Wenn DA>dw verbreitet sich die druckbeanspruchte Zone vom Schraubenkopf zur Trennfüge hin. Verformungen in diesem Fall werden gleichmäßig verteilt. In diesen Fall ist es notwendig einen Ersatzquerschnitt zu bestimmen:

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x: Bildschirmfoto 2013-12-16 um 09.54.45

dw: Außendurchmesser der ebenen Kopfauflagefläche ggf. auch Schlüsselweite.
DA: Außendurchmesser der verspannten Hülse.
dh: Durchmesser des Durchgangsloches.

006-diagramm
Abb. 02 zylindrische Durchsteckschraubverbindung mit Verformungskegel und – Hülse /6/

Bei DA dw+lk ist die Gleichung identisch.
Bei DA=dw+lk bleibt der Ersatzquerschnitt annähernd konstant.
Bei DA dw  Gl. 010

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Die elastische Nachgiebigkeit ergibt sich nach der Gleichung: Bildschirmfoto 2013-12-16 um 09.54.33

lk: Klemmlänge der verspannten Teile
Aers: Ersatzquerschnitt
ET: Elastizitätsmodul der verspannten Teile
Fv: Vorspannkraft

Beim statischen Fall, bei der die Betriebskraft FB auf die vorgespannte Verbindung wirkt, ergibt sich eine zusätzliche Dehnung ΔfS. Eine gleiche Entspannung ΔfT wird in den zu verbindenden Teilen stattfinden (siehe Abb. 3-3)

009-diagramm
Abb. 03 Kräfte und Verformungen an einer vorgespannten Schraubenverbindung /7/

In diesem Fall nimmt die Vorspannkraft FV ab und die Restklemmkraft in den Teilen wird:

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FBT: Entlastungskraft

Die Gesamtschraubenkraft wird dann (siehe Abb. 3-4):

Bildschirmfoto 2013-12-16 um 09.55.11

FB: Zusatzkraft
FBS: Zusätzlich belastender Anteil der Schraube von FB

Einen Sicherheitsabstand νA zur Streckgrenzenkraft FS bzw. F0,2 muss FSges haben, um dauerhaft Verformungen zu vermeiden und weitere Einsätze der Schraube zu ermöglichen. Der vorgespannte Zustand mit FV stellt sich wieder ein, wenn die Wirkung von FB aufhört.

Die Zusatzkraft für die Schraube lässt sich aus Ähnlichkeitsbetrachtungen am Verspannungsschaubild (siehe Abb. 3-4) und durch Einführen der elastischen Nachgiebigkeiten δS und δT sowie des Kraftverhältnisses Φ ableiten.

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Φ: Kraftverhältnis mit: Bildschirmfoto 2013-12-16 um 09.55.21

0014-diagramm
Abb. 04 Verspannungsschaubild /7/

Die Entlastungskraft für die Teile wird:

Bildschirmfoto 2013-12-16 um 09.55.26

damit die Klemmkraft zwischen den Bauteilen: Bildschirmfoto 2013-12-16 um 09.55.32

Bei Krafteinleitung über die Schraubenkopf- und Mutterauflage gilt: Bildschirmfoto 2013-12-16 um 09.55.37

Bei Krafteinleitung über die verspannten Teile: Bildschirmfoto 2013-12-16 um 09.55.40

n: Krafteinleitungsfaktor (siehe Abb. 3-5)

0019-diagramm
Abb. 05 Krafteinleitungsfaktoren für typische Konstruktionsfälle /7/

Querbeanspruchte, reibschlüssige Schraubenverbindung
Deckelverschraubung mit weit von der Trennfuge liegendem Kraftangriffspunkt (ungünstig)
und d) mit näher zur Trennfuge rückendem Kraftangriffspunkt (günstiger)

Für jeden beliebigen Kraftangriff ergibt sich ein bestimmter Krafteinleitungsfaktor. Dieser Faktor liegt zwischen 0 und 1. Es ist besonders darauf hinzuweisen, dass eine Rechnung mit der Annahme, dass die Betriebskraft direkt unter dem Schraubenkopf angreift, für die Schraube die ungünstigsten Ergebnisse liefert. In diesem Fall nimmt der Krafteinleitungsfaktor n den Wert 1 ein. Im Idealfall, für n=0, wird die Betriebskraft direkt in der Trennfuge eingeleitet was kaum zu realisieren ist. In der Praxis setzt man den Wert n=0,5, in günstigeren Fällen n=0,3. Verschiedene Einsatzfälle sind in Abb. 3-5 gezeigt.

Den dynamischen Betriebsfall werden wir nicht betrachten, da wir nur mit statischen Belastungen arbeiten werden.

Nicht zu vernachlässigen ist das „Setzen“ von Schraubverbindungen, da es zu sehr großen Vorspannkraftverlusten der verspannten Teile führen kann. Alle im Eingriff stehenden Flächen werden aufgrund des Setzvorgangs durch Oberflächenrauheiten plastisch verformt, da wir hohe Flächenpressungen erzielen. Diese bewirken zum einen eine Verringerung der Plattendicke und zum anderen eine Reduzierung der Vorspannkraft um den Betrag FZ (siehe Abb. 3-6). Die Vorspannkraft FV muss deshalb so hoch gewählt werden, dass beim Einleiten einer Betriebskraft FB in die Schraubenverbindung die Restklemmkraft nicht gleich Null wird bzw. eine geforderte Klemm- oder Dichtkraft FKL nicht eingehalten werden kann. Ist der Verlust der Vorspannkraft FZ bei Wirken der Betriebskraft FB so groß, dass die geforderte Klemmkraft FKl=0 wird, so würden die zu verbindenden Teile lose aufeinander liegen. Es ist daher erforderlich, den Vorspannverlust FZ bei der Schraubenberechnung zu berücksichtigen.

Setzbeträge treten beispielsweise in folgenden, mit Druck belasteten Flächen auf:

  • In miteinander verschraubten Gewinden von Schraubenbolzen und Mutter
  • In auf Druck beanspruchten Flächen unter dem Schraubenkopf bzw. der Mutter
  • In sämtlichen Trennfugen der verspannten Teile

Die Setzbeträge gelten nur für den Fall, in dem Grenzflächenpressungen nicht überschritten werden sollen, da sonst sehr viel größere Vorspannkraftverluste eintreten.

0020-diagramm
Abb. 06 Verspannungsschaubild mit Vorspannkraftverlusten /7/

Der Zusammenhang zwischen FZ und dem Setzbetrag fZ wird: Bildschirmfoto 2013-12-16 um 09.55.48

Der Vorspannkraftverlust ergibt sich unter Berücksichtigung des Kraftverhältnisses „Φ“ (siehe Gl. 2-18) aus der Formel: Bildschirmfoto 2013-12-16 um 09.55.52

Die weitgehende Einebnung der Oberflächenrauheiten während des Anziehens ist der Grund dafür, dass Setzbeträge fast unabhängig von der Rauigkeit der Fügeflächen und der Anzahl der Trennfugen sind.

Nach experimentellen Untersuchungen und für massive Verbindungen mit Schrauben nach DIN 931 hat man für den Setzbetrag festgestellt, dass: Bildschirmfoto 2013-12-16 um 09.55.58

Für Dehnschaft, Hohl- und ähnliche Schrauben in massiven Verbindungen gilt: Bildschirmfoto 2013-12-16 um 09.56.02

Bei sehr nachgiebigen Verbindungen müssen Setzbeträge durch Versuche ermittelt werden.

Ebenfalls exakt beachten muss man die Schraubenfestigkeitsklassen. Es handelt sich bekanntlich um eine Kombination von 2 Ziffern z.B. 8.8 bzw. 10.9. Alle Schrauben sind mit Festigkeitsklassen gekennzeichnet. Diese Kennzeichnung eröffnet uns sehr rasch die wichtigsten Daten der Schraube, die Zugfestigkeit Rm und die Streckgrenze Re bzw. die 0,2%-Dehngrenze Rp0,2. Als Beispiel nehmen wir die Schraube 8.8:

1. Bestimmung von Rm: Der erste Wert multipliziert mit 100 ergibt Bildschirmfoto 2013-12-18 um 15.18.13

2. Bestimmung von Re bzw. Rp0,2: Der erste Wert mit dem zweiten Wert multipliziert und das Ergebnis mit 10 multipliziert ergibt: Bildschirmfoto 2013-12-16 um 09.56.06

Genaue Erklärungen zu Rm und Re siehe 3.1.1 Theorie (Werkstoffkunde). /7/
Die Herstellung von Schrauben erfolgt vorzugsweise spanlos durch Pressen, Stauchen, Eindrücken, Rollen, oder spannend durch Drehen, Fräsen und Schleifen.
Die Herstellungsart ist abhängig vom: Werkstoff, der geforderten Genauigkeit, der Gewindeform, der Stückzahl und der erforderlichen Festigkeit.

Mehrere Rechenschritte sind erforderlich, um eine Schraubenverbindung zu berechnen. Für jeden Verschraubungsfall sind besondere Rechenschritte zu beachten. In unserem Fall geht die Berechnung von der Betriebskraft FB aus, die von außen auf die Verbindung wirkt. Diese Betriebskraft liefert an den einzelnen Verschraubungsstellen eine axiale Betriebskraft FA, eine Querkraft FQ, ein Biegemoment Mb und anschließend ein Drehmoment MT.

Die Hauptdimensionierungsformel, einer Schraubenberechnung lautet: Bildschirmfoto 2013-12-16 um 09.56.11

αA: AnziehfaktorBildschirmfoto 2013-12-16 um 09.56.15

FZ, ΔFVth: Vorspannkraftverluste

Die Fehler beim Abschätzen der Reibungszahlen, das Anziehverfahren, die Gerätetoleranzen sowie die Bedienungsfehler und Ableseungenauigkeiten sind durch den Anziehfaktor αA berücksichtigt. Man kann den Anziehfaktor auch als Verteilungskoeffizient zwischen FM min und FM max verstehen. Unter Beachtung der Anzieh- und Einstellverfahren sowie der Reibungszahlklassen ist der Anziehfaktor nach Tabelle A8 zu ermitteln.

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Bei der streckgrenzgesteuerten und drehwinkelgesteuerten Anziehverfahren gilt α=1

Um den Schraubennenndurchmesser zu bestimmen muss die Montagevorspannkraft FM bekannt sein. Eine zugeordnete Spannkraft FM, die mindestens so groß wie die rechnerische Montagevorspannkraft FM max unter Berücksichtigung der Festigkeitsklasse und der Reibungsverhältnisse ist, darf die gewählte Schraube nicht überlasten. Eine Schraube wird in der Regel mit 90% ihrer Mindeststreckgrenze ausgelegt. Eine Überprüfung der Flächenpressung wird in der Berechnung ebenfalls berücksichtigt.

Die Rechenschritte werden wie folgt durchgeführt:

  • Ermittlung des Nenndurchmessers d und der zugehörigen Festigkeitsklasse

Wegen der Art der Verbindungen und der Betriebskraft ist der Nenndurchmesser aus Anhang Tabelle A7 zu ermitteln. Die zugehörige Festigkeitsklasse muss auch beachtet werden, da in verschiedenen Festigkeitsklassen verschiedene Nenndurchmessergrößen gewählt werden können.

  • Ermittlung der Flächenpressung an den Auflageflächen

Die Grenzflächenpressung darf nicht überschritten werden, um Setzerscheinungen und dadurch plastische Verformungen der Auflageflächen zu vermeiden. Mit der maximalen Schraubenkraft Fs max gilt für die Flächenpressung unter der ebenen Kopf – bzw. Mutterauflage:

Bildschirmfoto 2013-12-16 um 09.56.34 Bildschirmfoto 2013-12-16 um 09.56.39 Bildschirmfoto 2013-12-16 um 09.56.43

AP: Fläche der Schraubenkopf – bzw. Mutterauflage, 
PG: Grenzflächenpressung
FSP: Spannkraft für Dehnschraube bei dT < ds

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dT: Schaftdurchmesser bei Dehnschrauben, dT= 0,9 x d3
dS: Durchmesser zum Spannungsquerschnitt AS, dS=(d2+d3) / 2
d2, d3: Flanken – bzw. Kerndurchmesser des Gewindes
σM: Montagezugspannung infolge FSP

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dS: Durchmesser zum Spannungsquerschnitt AS, dS=(d2+d3) / 2
d2, d3: Flanken – bzw. Kerndurchmesser des Gewindes
σM: Montagezugspannung infolge FSP

Handelt es sich um ein p > pG, müssen die Konstruktionsbedingungen geändert werden.

Die Montagevorspannkraft wird durch die Reibungsverhältnisse zwischen Gewinde und Auflage, geometrische Form und Festigkeit der Verbindung, das Anziehverfahren und dem Anziehgerät der Schraubenverbindungen beeinflusst.

Die Montagevorspannkraft ergibt sich aus der Formel Bildschirmfoto 2013-12-16 um 09.57.03

Die Montagevorspannkraft muss kleiner oder gleich FSP sein. Wenn dies nicht der Fall ist, muss der Schraubendurchmesser oder die Festigkeitsklasse korrigiert werden. Die Montagevorspannkraft für verschiedene Schraubengrößen mit Berücksichtigung der Festigkeitsklassen und Reibungszahlen befinden sich in Anhang Tabelle A1 – A4.

Das Anziehdrehmoment ist der Zusammenhang zwischen dem Gewindemoment und dem Kopf- bzw. Mutterreibungsmoment.

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Die Reibungszahlen μG und μK sind Anhang Tabelle A5 zu entnehmen.

P: Gewindesteigung
d2: Flankendurchmesser
DKm: Reibungsdurchmesser unter dem Kopf Bildschirmfoto 2013-12-16 um 09.57.14
mit Bildschirmfoto 2013-12-16 um 09.57.18

Da: Fasendurchmesser der Mutter
dha: Fasendurchmesser an den verspannten Teilen
dh: Bohrungsdurchmesser
da: Innendurchmesser der ebenen Kopfauflage

Die Anziehdrehmomente MA für verschiedene Schraubengrößen mit Berücksichtigung der Festigkeitsklassen und Reibungszahlen befinden sich in Anhang Tabelle A1 – A4. Eine Nachprüfung bei statischer Betriebskraft ist normalerweise nicht erforderlich. In unsicheren Fällen oder wenn FSP nicht bekannt ist, muss man die Vergleichsspannung σred nachprüfen.

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mit Bildschirmfoto 2013-12-16 um 09.57.30

σM: siehe Gleichung 3-29Bildschirmfoto 2013-12-16 um 09.57.34

Wp: polares Widerstandsmoment mit Bildschirmfoto 2013-12-16 um 09.57.38

Eine Nachprüfung der Flächenpressung unter Kopf- bzw. Mutterauflage ist mit Gleichung 3-26 durchzuführen. /7/